Neuland – Eroberungen der Natur (Sven Fennema, Christoph Gunkel)

Bücher bzw. Bildbände zu Lost Places gibt es inzwischen einige – und öfters ertappt man sich beim Gedanken „Hab ich doch alles schon mal so oder so ähnlich gesehen“. Ist das auch bei Sven Fennemas Buch der Fall? Jein: Ja, natürlich geht es um vergessene Orte und das ist nichts total Neues mehr – doch nein, weil der Fokus dieses Buches ein anderer ist. Denn hier geht es darum, zu dokumentieren, wie sich die Natur ihren Raum zurückerobert, wenn der Mensch einen Ort verlassen hat.

Die Orte befinden sich in Deutschland und Europa und zeigen ein anderes Bild der Lost Places als man es häufiger sieht: Sie sind noch mehr Momentaufnahme als sonst, denn letztlich verdingt sich die Natur hier als Architekt, der stetig, unaufhörlich, mit großer Geduld über teils sehr lange Zeiträume hinweg umgestaltet, was der Mensch ihr entrissen hatte. Und so zeigen die Bilder Dörfer, die langsam unter Bäumen, Sträuchern und sonstigen Pflanzen verschwinden, neben Industriebrachen, deren Funktion Farne verunmöglichen, und Innenräume, die neue Tapeten in Form von Flechten oder Moose als Teppiche bekamen.

Die Bilder sind meist großformatig und nicht nur überragend schön (meine Favoriten sind der „Stuhlwald“ und das gotische Efeugewölbe – wer sich das Buch zulegt, wird hoffentlich erkennen, was gemeint ist), sondern sie vermitteln Geschichte(n) und ja, auch einen gewissen morbiden Charme. Dieser ist hier aber weniger verstörend als sonst, denn irgendwie lässt das erneut sprießende Grün ja auch hoffen. Dazu tun die Texte von Christoph Gunkel ein Übriges: Seine Beschreibungen unterstreichen eindrücklich den Charakter der Bilder. So führt uns das Buch vor Augen, dass die Krone der Schöpfung nicht der Mensch ist …

Ach ja, und wer nun auf Ort- oder gar Wegbeschreibungen hofft, um sich das selbst mal anzusehen, wird (zu Recht) enttäuscht – da sind Fennemas Bilder doch auch viel schöner …

Frederking & Thaler

240 S.

50,00 €

ISBN: 9783954162055