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Buchrezensionen

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Geisterstätten in Sachsen-Anhalt

Vergessene Orte (Arno Specht, Uwe Schimunek)
 

Erneut legt Arno Specht einen Band seiner Geisterstättenreihe vor – dieses Mal in Kooperation mit Uwe Schimunek. Der Klappentext verspricht einiges … Darauf, dass das Buch die Versprechen hält, lassen die vorangehenden Bände der Serie hoffen.

 

Magdeburg, Halle, Harz, Kyffhäuser und das Bauhaus Dessau: Das sind die Orte bzw. Gegenden, an die viele bei Sachsen-Anhalt denken. Dann fällt einem vielleicht noch ein, dass Sachsen-Anhalt zu den relativ strukturschwachen Gegenden gehört … und die sind in der Regel reich an verlassenen Orten, die nicht der Gentrifizierung zum Opfer fallen, sodass sie eben auch in Vergessenheit geraten können. Das Buch folgt dem gleichen Konzept wie die bisherigen Bände und will kein „Reiseführer“ zu verlassenen Orten sein.

 

Die Geisterstätten in Sachsen-Anhalt reichen auszugsweise von einer Gießerei in der Harzer Einöde über ein Schloss, einige Klubhäuser, eine Kinderwagenfabrik, ein Kernkraftwerk bis zu einem Krematorium. So versammelt das Buch Zeugnisse früher Industriearchitektur und architektonische Erbsünden der DDR. Die Gründe dafür, dass die Orte verlassen wurden, reichen von Wendeopfer über „ganz normalen Größenwahnsinn“ zu Überdruss … Einige der Orte sind schon recht alt, andere sind noch deutlich jünger – und sind doch schon deutlich verrotteter als ihre älteren Kollegen. Das ist für mich einer der Hauptpunkte, der meine Faszination für diese Bücher ausmacht: Manch altes Schloss sieht (auf den ersten Blick) noch deutlich besser aus als „modernere Kollegen“: Warum? Wurden sie einfach mehr gehegt und gepflegt, sorgfältiger gebaut?  Da sind verlassene Arbeitsplätze, an denen noch die Kladden, Zeitungen und Tassen stehen und liegen, die die Mitarbeiter hinterlassen haben, als dem Betrieb sein letztes Stündlein schlug. All das vermittelt Einsicht in vergangene Zeiten, Leben, Architektur. Vor allem die großformatigen Fotos lassen einen geradezu in die Orte eintauchen. Die Texte enthalten Informationen, ob ein Ort saniert werden soll oder wohl einfach weiter verfällt. Sie sind sachlich gehalten und das ist auch gut so, denn durch die Fotos lassen Leser ihre Fantasie sicher ohnehin schweifen.

 

Das Buch vermittelt klar, wie nahe bei manch vergessenem Ort Verfall und eine schwer zu fassende Ästhetik liegen. Mancher Ort lässt dahinterstehende menschliche Tragödien erahnen und vermittelt einen doch auch morbiden Charme (hier sei das Krematorium Dessau hervorgehoben). So schwankt man bei der Lektüre zwischen Wehmut bzw. Nostalgie und Gänsehaut. Für Anhänger verlassener Orte ist das Buch fast schon Pflichtlektüre.

 

Jaron

12,95 €

96 Seiten

9783897739482